Der Einfluss von COVID-19 auf Geschmack- und Geruchssinn

Der Riech- und Geschmackssinn sind nicht nur für die Lebensqualität von Patienten von hoher Bedeutung, sondern vor allem das Riechen hat als entwicklungsgeschichtlich altes Sinnesorgan eine Schutz- und Warnorgan von außerordentlicher Bedeutung.

Riecheindrücke werden von den Riechsinneszellen im Bereich der Riechspalte im hohen Nasendom wahrgenommen, aber nicht nur allein in der Riechspalte, sondern auch am hinteren Ende des Septums und der oberen Nasenmuschel sind Riechzellen lokalisiert.

Als Frühsymptom einer COVID-19-Infektion wird häufig eine Riechstörung angegeben, wobei das Virus weniger an den eigentlichen Riechsinneszellen, sondern eher an den unterstützenden Zellen zur Schädigung führt. Die Stützzellen sollen eigentlich die Riechsinneszellen schützen. Patienten mit einer COVID-19-Infektion leiden oft neben einer Störung des Geruches, auch an einer Geschmackstörung was ein Zeichen dafür ist, dass nicht allein die Riechbahn, sondern mehrere verschiedene Hirnnerven in ihrer Funktion gestört sind.

Nach einer neueren Untersuchung von Moein (2020) erleiden 41 % der Corona-erkrankten Patenten einen zeitweilig totalen Riechverlust, 96 % der Patienten eine Riechstörung verschiedenen Schwergrades und 18 % der Patienten einen kompletten Riechverlust. Bei 72 % dieser Patienten erholt sich das Riechvermögen innerhalb eines Monats. Die Erholung erfolgt aber nur zu 49 % komplett wie vor der Erkrankung, 41 % berichten aber über eine deutliche Verbesserung. Bei Patienten mit Geschmacksstörungen erholt sich der Geschmack bei 84% innerhalb eines Monats. Auch dies zeigt eine neuere Untersuchung aus England.

Warum nun kommt es bei einer COVID-19-Infektion häufig zu einer Riechstörung?

Die Stützzellen des Riechepithels haben sehr viele sogenannte ACE2-Rezeptoren, an die das CORONA-Virus vorzugsweise bindet und damit die eigentlichen Sinneszellen von Schutz und Ernährung beraubt. Gleichzeitig zum Verlust des Riechvermögens sieht man auch im Blut einen Anstieg des
Entzündungsmarkers Interleukin-6.

Untersuchungen an Patienten, die an CORONA gestorben sind, zeigen, dass auch Areale im Gehirn, die reich an eben diesen ACE2-Rezeptoren sind, von dem Virus geschädigt werden können und, dass es u. a. auch zu einer vermehrten Gefäßschädigung und Durchlässigkeit von Kapillaren z. B. im Bulbus olfactorius der ersten Riech-Schaltstation des Gehirns kommen kann.

Wie therapiert man Riech- und Geschmacksstörungen, bei Patienten mit COVID-19-Infektionen?

Unabhängig davon, dass die indirekt zerstörten Riechzellen sich innerhalb von vier bis sechs Wochen regenerieren können, gilt es, die durch den Virusbefall und Untergang der Stützzellen hervorgerufene lokale Entzündung zu behandeln. Dies erfolgt durch Anwendung von Steroiden, die vorzugsweise in den oberen Nasendom appliziert werden. Normales steroidhaltiges Nasenspray erreicht diese Region nur unzureichend, sodass eine Applikation in Kopf-Tieflage vorzugsweise praktiziert werden sollte.

Falls es im Rahmen einer derartigen viralen Infektion zu einer bakteriellen Superinfektion kommen sollte, was nicht ungewöhnlich ist, helfen der Einsatz von Antibiotika und im Falle der Bildung von Biofilm auch die Spülung mit Kochsalz bzw. mit geringer Shampoo-Beimengung von Kinder-Haarshampoo, den Heilungsprozess zu beschleunigen. Untersuchungen aus deutschen Riechzentren, vor allem aus Dresden, aber auch aus Mainz, haben
gezeigt, dass tägliches Riechtraining mit vier oder fünf applizierten Riechstoffen an die rechte und linke Nasenöffnung dazu beitragen kann, eine Riechverbesserung anzutrainieren.

Hierzu eignen sich z. B. Riechstoffe wie Lavendel, Kaffee, Rose oder Flieder usw. Strenge Gerüche wieBenzin, Terpentin oder Aceton reizen nicht nur die Riechzellen, sondern auch gleichzeitig Geschmack und Schmerzempfindung und sind dadurch zum eigentlichen Riechtraining weniger geeignet.

Die zusammenfassende Botschaft lautet:

Riech- und Geschmacksstörungen im Rahmen einer COVID-19-Infektion verbessern sich in einem sehr hohen Prozentsatz nach vier bis sechs Wochen. Die geringe Anzahl von Patienten, bei denen ein kompletter Riechverlust bestehen bleibt, sollte
versuchen, durch ein Riechtraining, zumindest eine Teilfunktion der Sinneswahrnehmung wieder zu
erlangen.

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Prof. Dr. Dr. h. c. mult. W. Mann
Römerwallklinik